1996 war ich das erste Mal in Schottland, wenn ich mich richtig erinnere. 2001 war ein weiterer Urlaub
geplant, doch kam mir ein Reitunfall dazwischen und ich lag auf der Intensivstation, statt im Flieger nach Schottland zu sitzen. Letztes Jahr, also fast 20 Jahre später, wollte ich es erneut
wagen. Endlich – wieder – Schottland.
Ich hatte kaum jemandem von meinem Plan erzählt. Zu groß war die Angst, dass wieder etwas schiefgehen könnte. Inzwischen hatte ich auch 15 Jahre mit furchtbar einschränkenden Krankheiten hinter
mir, von denen ich seelisch und körperlich noch nicht ganz genesen war.
Doch dieses Mal sollte alles klappen. Und ich wagte den Trip sogar alleine. Ausstaffiert mit einer kleinen Fotoausrüstung und Gepäck, welches so leicht wie möglich war, einem Gehstock wegen
meiner schwachen Muskeln, und ganz viel Herzpochen stieg ich ins Flugzeug. Ich kämpfte mich zum Mietwagenzentrum am Flughafen von Edinburgh und fuhr sogar noch die drei Stunden bis nach Glencoe
im Westen Schottlands.
Ich war der Dame vom Mietwagenverleiher extrem dankbar, dass sie mich zu einem Automatikauto überredet hatte, auch wenn das teurer wurde. Aber mit Gangschaltung, auf der rechten Seite sitzend,
und auf der linken Straßenseite fahrend, auf diesen echt engen, kurvigen und holprigen, mit Schlaglöchern übersäten Straßen – das wäre zu viel gewesen.
Nach den vielen Jahren der Isolation durch chronische Erschöpfung, Schmerzen und vieles mehr, musste ich aufpassen, wo ich hinfuhr. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind oder ein Sträfling, der
die Welt wieder sehen darf. Es gab einfach soooooo viel zu sehen!
Schon am ersten Morgen kündigte sich eine Stimmung an und ich irrte etwas ziellos umher, auf der Suche nach einem guten Platz. Es sollte der Buachaille Etive Mór werden. Ein prächtiger Berg nahe
dem Glencoe-Tal. Auch die nächsten Tage hatte ich wirklich Glück mit dem Wetter. Natürlich war es auch mal typisch britisch oder schottisch: also Regen und Wind. Aber es gab eigentlich jeden Tag
sonnige Abschnitte und wilde Wolkenstimmungen. Eine Auswahl an Bildern siehst du in der Galerie, und ein Video gibt’s auch.
Nach gut anderthalb Wochen war ich total geplättet von diesen ganzen Eindrücken, ich war extrem dankbar und glücklich, dass ich mir diesen langjährigen Traum
endlich erfüllt hatte. Und ich kehrte mit etwas mehr Selbstvertrauen heim: Ich kann wieder mehr. Das geht. Auch wenn ich noch schwach und gehbehindert bin.
Übrigens waren die Schotten am Flughafen und auch anderswo sehr hilfsbereit und zuvorkommend, als sie mich mit Gehstock und hinkend ankamen sahen. In Deutschland werde ich eher über den Haufen
gerannt...Barrierefreiheit ist aber in beiden Ländern ein Riesenthema.